Früher wusste man zwar auch nichts aber manches besser.
In der FAZ konnte man vor ein paar Tagen das Gejammer eines Wissenschaftsjournalisten lesen, der sich Sorgen macht über eine Gesellschaft, die Apparate bedient, die kein Mensch – außer den Ingenieuren – versteht. Gemeint sind iPhones und andere Wunderwerke der Kommunikationstechnik, die selbst Kleinkinder mit wischenden Fingern bedienen können. Der Aufsatz warnte vor einer zerbröselnden Aufklärung mit allen Gefahren, die dann einer offenen Gesellschaft drohen und ihre Feinde stärken.
Es ist kein Wunder, dass die FAZ solche Überforderungstöne spielt, hat doch der vor kurzem in jungen Jahren verstorbene Herausgeber Frank Schirrmacher sich ähnlich geäußert, als er meinte, er würde von den vielen Daten und Informationen und Meldungen überfordert. Er käme nicht mehr mit und fiele hoffnungslos ins Hintertreffen. Ich habe Herrn Schirrmacher damals gefragt, ob es jemals in einer Bahnhofsbuchhandlung war, ohne dabei ähnlich depressive Gefühle zu bekommen, stünden doch da mehr Bücher in den Regalen, als er im Laufe seines Lebens lesen kann, und dabei ist von den Staatsbibliotheken noch gar keine Rede gewesen. Und wer den ahnungslosen Menschen von heute die Angst vor den unverstandenen Apparaten in ihren Händen helfen will, kann darauf hinweisen, was die modernen modischen Maschinenkritiker gerne übersehen, dass die Einsicht in die Unkenntnis mindestens 100 Jahre alt ist, ohne dass die Menschen irre geworden wären. Im Jahre 1917 hat der Soziologe Max Weber bei einem Vortrag über “Wissenschaft als Beruf” sein Publikum gefragt, ob es ihm erklären könnte, wie eine Straßenbahn das macht, anzufahren und anzuhalten. Und da fallen einem sofort mehr Beispiele aus alten Tagen ein: Welcher aufgeklärte Konsument kann denn erklären, wie Telefone, Motoren, Mikrowellen, Kühlschränke, Thermometer, Radio- und Fernsehgeräte, Schallplatten und all die anderen Erfindungen funktionieren, die alle ganz selbstverständlich benutzen, ohne mehr davon wissen zu wollen?
Wenn die Maschinen funktionieren, hat der Mohr seine Schuldigkeit getan und kann gehen. Wir sind eben trotz aller gegenteiliger Hoffnungen ein ungebildetes Volk, wenn unter Bildung die Form verstanden wird, die eine Kultur in einem dazugehörigen Individuum annimmt. Die Aufklärung ist nie über das 18. Jahrhundert hinausgekommen, jedenfalls nicht bei den Menschen, die die Naturwissenschaften verachten und bei Bildungsfragen außen vor lassen. So kommt eben die Digitalisierung in unser Leben, ohne dass uns professionelle Historiker oder andere TV-Schlauberger erklären könnten, wie das passiert ist. Wir sind nicht nur ahnungslos, was das Innenleben der Maschinen angeht. Wir sind auch ahnungslos, woher die in unsere Außenwelt kommen. Wenigstens das wusste man früher besser.
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