Die philosophierende Neurowissenschaftlerin – oder die neurologisch tätige Philosophin Patricia Churchland hat ein Buch über „The Self as Brain“ geschrieben, das „Touching a Nerve“ heißt (New York 2014). Den Nerv, den die Dame berühren will, hat damit zu tun, dass sie meint, viele Philosophen, die sich Gedanken über das Bewusstsein – das tiefe Mysterium des Bewusstseins – machen, würde vergessen, dass ein Gehirn dazu gehört. Frau Churchland zeigt sich überzeugt, dass man verstehen muss, woraus die Dinge bestehen, um zu verstehen, was sie leisten und können. Sie erzählt dazu aus ihrem Leben und erinnert sich an den Augenblick, an dem sie merkte oder lernte, dass Organismen aus Molekülen bestehen, weshalb sie sich der Chemie zuwandte, um Leben zu verstehen. Merkwürdigerweise bleibt Frau Churchland dann stehen. Offenbar weiß sie (noch) nicht, dass Moleküle aus Atomen bestehen, weshalb sie Physikerin werden müsste, und nicht nur sie. Bekanntlich besteht alles aus Atomen (was immer mit diesem Satz gemeint ist), und so sollten alle Menschen, die etwas verstehen wollen – Philosophen, Historiker, Neurowissenschaftler – erst Physik lernen, um ihre Fragen zu klären, was natürlich Unfug ist, aber gerade deshalb ein Mysterium darstellt. Das Geheimnis lautet, wie jemand am Ende der derzeitigen Geschichte der Wissenschaften immer noch meinen kann, dass in den Gesetzen der Physik die Begründung für das Bewusstsein steckt und nicht sieht, dass selbst dann, wenn man die Nervenzellen, deren Aktivität zu Bewusstsein führen, von denen unterscheiden kann, die dies nicht tun, dass man selbst dann nichts von dem Geheimnis des Bewusstseins gelüftet hat, das in der Tat erstaunlich bleibt. Den Augen kann man nicht ansehen, was Licht ist, und dem Gehirn kann man nicht entnehmen, was Geist ist. Aber wir Menschen benötigen alle beide und dürfen weiter darüber staunen. Das wird einem nie auf die Nerven gehen – anders als das Buch der Neurophilosophin.