Als ich vor gefühlten einhundert Jahren noch in einem Laboratorium arbeitete, wollte ich unter anderem herausfinden, wie Kanäle funktionieren, die in biologischen Membranen zu finden sind. Wie man weiß oder wissen sollte, werden Zellen von Membranen umhüllt, die sowohl das Zellinnere gegen außen verteidigen als auch die nötigen Stoffe von außen in eine Zelle gelangen lassen. Es gibt Kanäle, die selektiv Calcium-Ionen durchlassen, und zu den scheinbar einfachen Fragen gehörte damals, wie es die Calcium-Kanäle schaffen, keine Natrium-Ionen durchtreten zu lassen, obwohl es von diesen geladenen Teilchen fast 100mal mehr als von den Calcium-Ionen gibt und sie auch in das Zellinnere drängen. Wodurch kommt die Selektivität für Calcium zustande, wollten ich und andere wissen, und wir haben sicher gedacht, dass die Antwort – die Lösung – sich als schönes Bild angeben und mit ihr ein Aha-Erlebnis auslösen lässt. Ach so! Ach, so macht das die Zelle, und man hätte doppelt staunen können – über die Natur und den Menschen, der von ihr ein Bild entworfen hat.
Inzwischen können Bioforscher die „strukturelle Basis für die Calcium-Selektivität“ eines Kanals in der Zellmembran angeben, und in der ersten Januar Ausgabe der Zeitschrift Nature (Band 505, Ausgabe vom 2.1.14, Seite 56-61) finden sich die dazugehörigen Bilder, die unter Anleitung von William A. Catteral aus Seattle angefertigt worden sind. Man kann über die Qualität der dazugehörigen Wissenschaft nur staunen und den Autoren zu ihrem Erfolg gratulieren. Aber, aber, aber. Aber man sieht eine Menge Bilder und Graphiken und Details und Zahlen, aber man sieht nicht, wie die Selektivität zustande kommt. Sie zeigt sich nicht offensichtlich wie ein Muster oder eine Farbe oder eine Form. Sie offenbart sich weniger und versteckt sich mehr in den zahlreichen Modellen, die in der Zeitschrift zu sehen sind. Sind diese Geheimnisse der Natur – die Selektivität der Ionenkanäle – dem Menschen nicht als Vergnügen und Seherlebnis zugedacht? Oder stellen die Forscher ungeschickt dar, was sie so großartig herausgefunden haben. Ich finde es toll, dass die Selektivität verstanden ist. Aber ich kann mich für das Ergebnis nicht wirklich begeistern.