Kompetenz oder Bildung?
Bekanntlich beklagt sich der gelehrte Faust in Goethes Drama, “Denn eben, wo Begriffe fehlen, da stellt ein Wort zur rechten Zeit sich ein.” Und so bekommt die Sau, die in der erbärmlichen Bildungsdebatte durch das digitale Dorf getrieben worden ist, einen neuen Namen, den der Kompetenz nämlich. Als die Bildungsexperten und ihre Ministerin merkten, dass sie selbst über wenig Bildung verfügten, attestierten sie sich dafür umso mehr Kompetenz, wobei ihnen ein gebildeter Mensch gesagt haben könnte, dass die Karriere der Kompetenz erst in der Sprache des Militärs begonnen und ihre größte zivile Wirkung entfaltet hat, nachdem die Sozialpsychologen genug Intelligenztests durchgeführt hatten und dann nicht wussten, was sie mit den Ergebnissen anfangen konnten. Kompetenz kann man testen und sich oder anderen zuschreiben, was den Begriff zu einem Schlag-Wort macht, mit dem man vieles zertrümmern kann. Intelligenz stellt per definitionem eine Schlüsselkompetenz dar, der seit dem Ende des 20. Jahrhunderts noch die emotionale Kompetenz an die Seite getreten ist, die man in EQ-Tests ermitteln und dessen Ergebnis man sich als Erfolgsquotienten anheften kann. Als aus der schönen Bildung die alberne Kompetenz wurde, gab man auch das Bemühen um ein Verstehen von Wissenschaft auf, die es nun zu kommunizieren galt. Tatsächlich – wo Begriffe, stellt sich rasch ein neues Wort ein. Theorien werden damit zu dem belanglosen Geschwafel, dass sie Jürgen Habermas zufolge sowieso sind. Man kann schreiben, was man will, wenn man sich nur kompetent genug fühlt. Bildung macht zu viel Mühe.