Vor den Nobelpreisen
Die Spannung steigt, es ist bald Oktober, und das heißt nicht nur, dass die amerikanischen Baseballsaison ihrem Höhepunkt entgegen geht und nach dem Meister sucht. Auch die wissenschaftliche Preisverleihungssaison strebt ihrem Höhepunkt entgegen, und die Welt wartet auf die Bekanntgabe der diesjährigen Nobelpreisträger, wobei es – wie in jeden Jahr – nicht lange dauern wird, bis man die Namen der in den Naturwissenschaften Ausgezeichneten vergessen hat und nur noch beim Frieden und der Literatur weiß, wer den Scheck aus Stockholm bekommen hat (wobei an dieser Stelle die Ökonomen nur in Klammern auftauchen, weil der Stifter des Nobelpreises von denen nichts wissen wollte und ausgerechnet die heute so beliebten und staatlich geschützten Banken mit ihren Boni-Profis meinten, etwas vom Ruhm des Nobelpreises kaufen zu können).
Wie dem auch sei – nächste Woche werden die Nobelpreise für Physik, Chemie und Physiologie oder Medizin vergeben, wie es offiziell heißt, und es ist schade, dass man auf die erwarteten Gewinner nicht so wetten kann wie auf die Sieger beim Baseball. Trotzdem möchte ich meine persönlichen Favoriten nennen und mit der Physik anfangen. Hier tippe ich auf Anton Zeilinger aus Österreich, den man als Mr. Beam kennt und der die wunderbare Idee mit guten Begründungen vertritt, das Information und Wirklichkeit nicht zu trennen sind. Zeilinger ist der Meister der quantenhaften Verschränkung und zudem ein großartiger Vermittler seiner Wissenschaft, und ich drücke ihm alle meine Daumen.
Was die verbleibenden Wissenschaften angeht, so werden seit längerem zwei höchst erfolgreiche und verdienstvolle Damen genannt, nämlich Emmanuelle Charpentier und Jennifer Doudna, die für die CRISPR-Cas9 Methode verantwortlich sind, mit deren Hilfe das “Human Gene Editing” möglich wird. Die Damen sind schon mit Preisen überhäuft worden und ihnen fehlt nur noch die Einladung nach Stockholm, wobei ich tippe, dass sie nicht den Medizin-, sondern den Chemiepreis bekommen. Natürlich vergibt die Schwedische Akademie den Medizinpreis immer mal wieder an Biologen, aber vielleicht denkt sie diesmal daran, wirklich jemanden für etwas Medizinisches auszuzeichnen. Ich hätte da einen Vorschlag, nämlich Leroy Hood, der ein Institut für Systembiologie in Seattle gegründet hat, der jahrzehntelang zur Genomforschung beitragen konnte, und der versucht, das alles zu bündeln, um die Medizin “personalisiert, präzise, präventiv und partizipativ” werden zu lassen. P4 Medizin nennt Hood das Vorhaben, und die Patienten – noch ein P – sollten davon profitieren (noch ein p).
So lauten meine Tipps – Wetten eingehen würde ich darauf nicht, wobei ich noch einen Wunsch für die Literatur habe, nämlich einen Schriftsteller auszuzeichnen, der von aller Welt geschätzt und gelesen wird. Ich würde mich freuen, wenn die Stockholmer Jury ihren Antiamerikanismus überwinden und Philip Roth einladen und auszeichnen würde. Warten wir auf den Oktober.
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